Wie fing es an… Es war ein Abend nicht zu warm, nicht zu kalt, genau das richtige Wetter, um im Ledermantel durch die Kante zu laufen. Den hatte ich an dem Abend auch an, zusammen mit meinem Hut. Hätte auch ein guter Abend werden können, ich meine, es war eine Party. Aber das war so eine Lahmarschparty, es ist zu laut, um sich zu unterhalten, Musik… Keine Ahnung, gab es überhaupt Musik? Ich meine eher, das war die Art von Party „Zu viele Menschen auf zu kleinem Raum gepfercht“. Ich frage mich, ob das mein privates Problem ist, oder ob andere es auch haben: wenn es in der Umgebung zu laut ist, ist es für mich extrem anstrengend, an einer Konversation teilzunehmen. Bei mir fährt dann das Hirn ein Stück weit runter, reden ist schwer, zuhören ist schwer, Kreativität ist dahin…
Zu laut also. Als ab durch die Kante. Stadt, viele bunte Lichter, Stimmung. Ein paar Leute sind noch dazu gestoßen, irgendwohin gehen, gemütlich einen trinken, oder mal richtig feiern, mit ausgelassener Stimmung, also ohne reden, mehr tanzen. Eine kleine Wanderung also, überall Musik. Irgendwie fühle ich mich heute richtig bullig. Wie so ein Ledermantel das Selbstbild doch verändern kann… Das eine Restaurant sah zwar edel aus, entpuppte sich aber als Eingangshalle zu einem Edelpuff. Auf durch die nächstgelegene Unterführung und die Stadt ist vorbei. Es sieht eher aus nach unausgebauter Vorstadt, hier und da mal blanke Tonerde, kleiner Fluss, ein lärmendes Haus… Ne, kein Interesse. Über den Fluss (mehr ein Kanal) ist ein Zementtunnel, von der Sorte Fußgängerunterführung, nur nicht bemalt, sondern grauweiß. Hell beleuchtet, bizzel verwinkelt. Am anderen Ende ein Schrottplatz. Bzw. ehemaliger Schrottplatz, inzwischen stehen da zwar Stapel von Reifen, aber auch Tische, Bänke, lustige Leute. Die Sorte Rockkneipenbesucher, gut drauf, offen für Schwachsinn und so ziemlich jeder hat viel zu viel Alkohol dabei. Es kam, wie es kommen musste, reichlich betrunken zurück, in der besagten Unterführung keine Lust mehr und ich gehe schlafen.
Am Morgen, oder später, oder ist das überhaupt wichtig? Nach dem Aufwachen also, der Durchgang ist leer. Sieht irgendwie enger aus, als vorher. Ich reiche von Wand zu Wand, die Decke begrüßt mich nur allzu freudig, aber sei’s drum, ich fühle mich ohnehin nicht klar. Auf dem Weg zum Ausgang bin ich so langsam am Kriechen und zwischen der Decke und der Treppenstufe am Ausgang ist gerademal eine Handbreit Platz. Schnell zurück! Unterwegs begegnet mir ein Mitinsasse, nerdiger Typ mit Hemd und Brille. Apropos Hemd. Inzwischen trage ich auch eins, der Mantel ist wohl sonst wo geblieben. Wir finden einen noch knapp offenen Durchgang, den ein untersetzter Typ mit Dreadlocks mit ebenfalls knallweißen Ziegeln zumauert. Er erklärt, eigentlich ganz freundlich, irgendwas von weltpolitischer Bedeutung und wie wichtig es ist, dass wir solang hier drin warten. Um seinen Standpunkt zu untermauern, gibt er uns ein Laptop, der per WLAN gerade ein Nachrichtenvideo anzeigt, der Sprecher… Keine Ahnung, an der Stelle habe ich zwar kapiert, dass es wichtig ist, aber verdammt nochmal, ich sitze fest! Mit Aussicht auf einen recht langen Aufenthalt. Als Proviant bekommen wir eine Banane und Wasser. Es ist eine Art Dauermeditation, Mönchtum oder sonstige Art, in höhere Daseinssphären zu kommen, wenn man sich nur von Bananen und Wasser ernährt, dabei nicht allzu viele Bananen.
Der Typ hat nicht gewusst, dass wir Netzwerkexperten sind. Nerds zeigen den Politikern, wo es langgeht. Wir nehmen also den besagten Laptop und stellen eine Verbindung nach außen her. Es muss eine Konferenz organisiert werden, andere Computermenschen benachrichtigen, über die Problematik informieren und eine Rettungsaktion organisieren. Weil ich immer noch in dem Bunker festsitze, schaue ich in der nächsten Szene mir potentielle Konferenzräumen aus der Perspektive einer vom besagten Laptop aus gesteuerten Drohne an. Immerhin muss es ein schöner Raum werden. Ich entscheide mich für einen mit Fenster auf der Rückseite und blauen Wänden. Ist gar nicht einfach, so als Drohne. Das Körpergefühl ist stark eingeschränkt, der Blick schräg von unten auf alles…
Der Raum steht. Ich bin der Veranstalter. Absoluter nicht-Techniker, mehr so ein BWL-Typ. Der erste Redner fängt gleich an, die Situation zu erläutern. Um zu verstehen, wie die beiden Insassen nach außen kommunizieren konnten, ist es natürlich wichtig, die Struktur der Netzwerkpakete zu kennen. Ich würge ihn an der Stelle jedoch ab, denn die nicht-Nerds sind in der Diskussion irrelevant und die relevanten Nerds kennen die Lage eh.
Zurück zu unseren beiden Gefangenen. Inzwischen werden wir mit einem Reisebus woandershin transportiert und bekommen immer wieder kleine Bananenstücke. Verhungern müssen wird man also nicht, nur etwas einseitig, die Nahrung. Irgendwelche meditativen Folgen wollen sich nicht einstellen, bin höchstens etwas schläfrig. Das leise Brummen vom Reisebus, die gut gepolsterten Sitze. Zu uns hat sich eine Dame gesellt, wirkt sympathisch, ist ebenfalls gefangen. Wir werden in ein altes Schloss gebracht. Kühle Gänge, dunkel, düster, eigentlich nach meinem Geschmack. Wäre nicht dieser latente Wunsch, hier endlich rauszukommen. Nur eine Kontaktaufnahme nach außen, und unsere Retter wissen, wo wir zu retten sind. Als Aufenthaltsraum dient ein Gewächshaus. Draußen starrt mich ein Park an. Gut gepflegte Grünanlage, Blumenbeete, Hecken, das Gelände fällt vom Haus weg ab. Sieht richtig edel aus. Farbenfroh.
Außer uns ist im Gewächshaus niemand. Mit einem beherzten Sprung… Ich trage inzwischen Sachen, in denen ich mich gut bewegen kann. So ein Hemd ist unglaublich einengend, ich glaube, ich habe gerade irgendwas Ärmelfreies. Mit einem beherzten Sprung breche ich durch das Glas nach draußen. Man hört immer noch nichts und wir rennen den Hang hinab, weg von dem Schloss.
Unten, Waldrand. Die Farben sind verblasst. Die Szenerie ist in Graubraun gehalten. Es ist ein Laubwald, schade eigentlich, ein Nadelwald wäre schöner gewesen. Durchatmen, Blick zurück werfen. Zwischen uns und dem Herrenhaus liegt eine offene Ebene. Aus einem Fenster in einem der oberen Stockwerke springen Soldaten raus. Schwarze Kämpfer, groß, bullig um nicht zu sagen unförmig, gesichtslos. Schwarze Gestalten mit gezackten Schwertern rennen auf uns zu. Wir fliehen in den Wald, aber diese sind schneller und es kommt doch zum Kampf. Unter einen Schwertschwung tauchen, dem Dunklen das Messer aus dem Gürtel ziehen, reinstechen. Knapp, aber es klappt. Der Dunkle ist dadurch noch lang nicht von den Beinen, nicht mal kampfunfähig, aber es reicht, um zu fliehen. Von meinen beiden Begleitern keine Spur, sehe ich zwischen den Bäumen die mir bekannte Hexe rufen. Ich weiß, dass sie mir helfen will, also renne ich hin. Zwei Dunkle kann sie von mir fernhalten, der dritte steht vor mir. Mit einem gekrümmten Messer in meiner Hand halte ich sein Schwert an. Das gerade, mit einem Leuchtpunkt am Ende, ramme ich ihm schnell drei Mal rein. Von der Hexe weiß ich, dass man ihn drei Mal stechen muss. Mit drei Messern mit verschiedenen Farben der Leuchtpunkte wäre es zwar effektiver, aber drei Mal mit dem einen funktioniert auch. Ein weiterer Dunkler hackt auf einen Baum, dieser Fällt um in Richtung der Hexe. Ich weiß, dass sie auch den aufhalten kann, schrei aber doch noch “Baum Fällt”…
Schnitt. Ich schaue zu, wie jemand ein 3D-Jump’n’Run spielt. Eine grellgelbe rechteckige Figur sucht nach Münzen.
Träume aufzuschreiben, ist gar nicht so einfach. Normalerweise denke ich viel in Worten. Ich spiele oft fiktive Dialoge im Kopf durch. Oder Monologe, aber jedenfalls Wörter. Wenn man hingegen nur Bilder hat, ist es eine Umgewöhnung, Bilder zu beschreiben. Zumal die Bilder oft in einer anderen Reihenfolge im Gedächtnis stehen und oft nur aus Erkenntnissen bestehen, aus Eindrücken denn aus beschreibbaren Objekten. Aber es lohnt sich doch.