Das Böse

Gibt es Das Böse in der wirklichen Welt? In Filmen und Comics gibt es die, die Bösewichter, die Böses tun, um Böses zu tun. In der Wirklichkeit aber glauben die Bösen, noch irgendwas Sinnvolles zu bewirken, während die Leid über Leid verursachen. Zumindest theoretisch. Es gibt sie in echt nämlich doch, die Monster.

Welches Motiv braucht ein Mensch, um einem anderen Menschen Leid anzutun? Klar, es gibt den puren Sadismus (und manche stehen auch drauf, gequält zu werden, wobei das ein gänzlich anderes Thema ist), aber das ist langweilig. Zu leicht durchschaubar, zu selten vertreten. Jedenfalls will ich nicht darüber reden. Ein besserer (keinesfalls moralisch besser, eher „ergiebiger“) Beweggrund ist der Egoismus. Was geht im Kopf eines Egoisten vor? Was denkt jemand, der sich schlichtweg keine Gedanken um den Menschen macht, dem er aus lauter Egalität Leid zufügt? Oder weiter gedacht. Was geht im Kopf eines Monsters vor, das sich explizit vornimmt, egoistisch zu sein? Das eigene Wohl ohne Rücksicht auf Verluste verfolgen, wohlgemerkt nicht die eigenen Verluste. Über Monate hinweg lügen, den Ausgenutzten gar in Sicherheit wiegen, ihm einschwören, er würde dem Monster was bedeuten, während dieses (Mit Vorfreude? Ich weiß es nicht!) darauf wartet, ihn endlich loswerden zu können. Was geht im Kopf eines solchen Monsters vor? Ich weiß es wirklich nicht. Das einzige, was ich von einem Monster weiß, ist der Vorsatz, auch mal an sich zu denken. Wobei das „auch mal“ auch nur über einem Jahr puren Egoismus folgt. Wie denkt ein Monster, das weiß, dass es egoistisch ist und Leid verursacht und dafür auch noch eine Ausrede parat hat?

Und was bleibt dem Ausgenutzten zu tun? Die naheliegende Antwort „Sich in Zukunft nicht mehr verarschen zu lassen“ greift, wie eigentlich alle einfachen Antworten, zu kurz. Es wäre ganz einfach, wenn die menschliche Psyche logisch ticken würde, tut sie aber nicht. Es gibt Situationen, nach denen man sich nicht einfach „Scheiß drauf“ sagen und weitermachen kann. Um sich aufzubauen, braucht man immer noch inneren Halt. Was tun, wenn einem gerade dieser fehlt? Bekanntlich können einem diejenigen am ehesten Schmerz zufügen, die man liebt. Ein Monster, das dem Anderen recht egal ist, wird mit dem Ausnutzen nicht weit kommen. Ein Monster hingegen, für das der Andere alles tun würde (und das Monster das weiß und willens ist, es bis zum Ende auszunutzen), wird ihn bis zum bitteren Ende ausnehmen können und es auch tun. Was soll der Andere auch tun? Er weiß ja nicht, dass es nur noch ausgenutzt wird. Der Ausgenutzte denkt, dass wenn das Monster nimmt aber kaum gibt, das eine schlechte Zeit ist, eine Phase. Wenn das Monster nur noch lügt und den Anderen glauben lässt, er würde dem Monster etwas bedeuten, ist das ein gelaufenes Spiel. Was bleibt dem Opfer, wenn es die Reste innerer Sicherheit dafür aufbraucht, diese Zeit durchzustehen? Wenn der Seelenfrieden nur noch auf Kredit läuft, auf die Hoffnung, es wird besser? Nur, um am Ende gesagt zu bekommen „Eigentlich bist du mir egal, es war mir nur zu viel Stress, mir während der Zeit eine eigene Wohnung zu suchen“?

Ich gehe zurück zum Anfang, Filmbösewichter. Going Postal, ein Scheibenweltfilm (An die Puristen hier: die Filme bringen die Stimmung der Bücher wunderbar rüber!) handelt von einem Trick- und Wertpapierbetrüger, der das eine oder andere Leben ruiniert. Anonym natürlich, seine Opfer sind gesichtslos, es kann einem eben egal sein, welche Aufsteigerfirma pleitegeht, weil die Bank die Kredite sofort zurückrufen muss wegen einem Haufen gefälschter Wertpapiere. Nachts, inmitten von nicht zugestellten Briefen holt ihn die Vergangenheit ein, in seinem Träumen sieht er die persönlichen Katastrophen, die er verursacht hat. Ob und wie viele Briefe davon handeln, sei dahingestellt. Während das Verbrechen authentisch ist (es braucht nicht viel Gewissen, gesichtslose Opfer in den Dreck zu reiten), ist es die Auflösung nicht. Dem Verbrecher wird gewahr, was er angerichtet hat, er sieht die Menschen, deren Leben er ruiniert hat.

In der Wirklichkeit ist es nicht so. Es gibt keine Gerechtigkeit und kein Karma. Dem Monster wird nie klar, welchen Schaden es angerichtet hat, wie viel Schmerz verursacht. Es hat ja von vornerein damit angefangen, den Anderen ohne Rücksicht auf dessen Verluste auszunehmen, nur noch zu sich selber fair zu sein. Diese Geisteshaltung schließt jegliche Gewissensbisse von vornerein aus. Der Andere hingegen… Wer wird ihm den Schmerz wiedergutmachen? Das Monster gewiss nicht. Das vergeudete Vertrauen wird nie wieder ersetzt.

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