Es ist Dunkel

Since I can’t deny
some days just don’t feel right
you know I feel much better
at night
-Shakedown

Nachts. Wenn die Welt mir gehört. Wenn ich alles sehe. Dabei trage ich nachts stets meine Sonnenbrille. Nicht jede eignet sich, wenn die Brille seitlich offen ist, hat man zu viel Kontrast und sieht nichts. Reflexarm sollte sie auch sein, damit die Lichter nicht stören. Ich hatte so eine, aber ein Russe hat sie mir geklaut. Was soll’s, Coolness zählt.

Ist es das? Nachts sind, heißt es, alle Katzen grau. Ich bin der schwarze Kater. Kein einsamer Wolf, Wölfe heulen den Mond zusammen an. Ich dagegen bin hier, alleine in der Dunkelheit, ich beobachte, ich bin. Überall.

Eine Show? Warum? Die profane Antwort ist “Damit die Dunkelheit in meinem Äußeren die Dunkelheit in meinem Inneren wiedergibt.”

Ein kleines Licht kann Wunder bewirken. Ich saß mal draußen nachts im Garten, es war dunkel, die Grillen zirpten. Auf dem Tisch in unserer Mitte stand eine kleine Kerze und erleuchtete die Büsche. In diesem Lichtschein existierte nur unser kleiner Kreis und sonst nichts. Wir hätten auf einem Berggipfel sein können oder auf dem Mond. Und dann löschte jemand die Kerze. Wir waren zurück im Garten und die Mystik wich den Tatsachen.

Dunkelheit. Dieses Wort ist vielfach vorbelastet in der Poesie. In der Physik ist es einfach, Dunkelheit ist die Abwesenheit von Licht, doch wie schon oft, liefert die Wissenschaft eine richtige, aber keine schöne Beschreibung. Dunkelheit ist, wenn der Tag vorbei ist, wenn was auch immer wichtig war, jetzt keine Bedeutung mehr hat, bis nur noch der Moment zählt. In dem Moment baucht man nichts zu sehen. Mach die Augen zu. So geht man besser in sich, es gibt nichts mehr, bis auf das jetzt.

Es ist dunkel, warm, geborgen. Von irgendwo kommt ein leises Flüstern, die Welt teilt sich mit. Nichts Konkretes, ich brauche es nicht zu verstehen. Irgendwo da draußen existiert etwas, das reicht. Es ist angenehm warm. Ich liege ruhig da, atme leise. Keine Erinnerungen, keine Pläne. Unwichtig Ich bin hier und jetzt. Sprachfetzen. Es gibt sie, die Anderen. Irgendwo. Ich bin ein Teil der Existenz, ich nehme an der Welt teil. Ohne wirklich teilzunehmen, ich bin überall, aber es ist mir egal, was wirklich passiert. Und was auch immer passiert, es bemerkt mich nicht. Ich fühle weiche Wärme. Was auch immer da draußen passiert, ich bin hier, ich bin geborgen. Ist das Tee? Frisch, und kühl. Sommernacht, es riecht süß. Es riecht nach Katzenfell. Es riecht. Eine leise Note liegt in der Luft, da ist die andere Person, der feine Körpergeruch, das leise Atmen, die andere Haut. Ich berühre sie und fühle ihre Fingerspitzen, ihre Haut auf meiner Haut. Minuten werden zu Stunden und Stunden zu einer Ewigkeit, im Jetzt.

Augen auf. Dunkelheit ist, wenn etwas fehlt. Je mehr, umso dunkler. Es ist nichts da. Nichts, um sich festzuhalten. Nichts, woran man sich orientieren kann. Ich falle und ich weiß nicht einmal, wohin. Unter mir ist ebenso wenig wie über mir. Ich weiß nicht, wie lange ich schon falle und ich weiß nicht, wie lange ich noch fallen werde. Ist auch egal, denn unten ist es ohnehin leer, ein weites Nichts, ohne einen Anhaltspunkt. Ich kann nicht atmen. Es ist dunkel.

Es ist Nacht, und ich trage schwarz. Schwarze Brille, schwarzer Mantel, schwarzer Hut. Ich ziehe mich an, mache das Licht aus und gehe raus, ins Dunkle. Die Welt erwartet mich.

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